Anuques & Nairas Hütte

Sie fühlte. Fühlte nichts. Oder? Nein. Etwas tropfte über ihre Stirn. Rann zärtlich über ihre Haut. Sie fühlte, fühlte wie jemand ihr sanft über ihre Wange strich und atmete zittrig aus. Doch nichts davon hatte die Macht sie zu holen, sie an die Oberfläche zu reissen und den Nebel zu durchbrechen. Sie spürte den schweren, süßen Dunst des Todes in der Luft hängen. Außerdem meinte sie die Anwesenheit ihres geliebten Partners zu fühlen. In den Fingerspitzen. Fin hustete. Schwach und rau. Es ging zu ende, sie spürte es. Wusste es. Wollte es. Leben machte keinen Sinn. Nicht mehr. Sie lächelte. Wusste nicht, ob sie es nur träumte, oder wirklich tat. Es war ihr Egal. Es war nicht wichtig. Die Jägerin lag in ihrem Blut, qualvoll verenden, wasinteressierte es dann, ob jemand ihr wohl letztes Lächeln überhaupt sah. Mehr und mehr ergriff die Finsternis sie und ris sie mit sich. Fin ließ sich fallen, durch den Nebel, tiefer. Fast hätte sie gelacht. Wenn sie die Kraft gehabt hätte. Ihr Herz beruhigte sich, ihr Atem wurde langsam, ruhig. Still.
Neben dem Bett heulte der Luchs, schrill und klangend, ein Schmerzensschrei, der von einem großen Verlust erzählte. Er wuchste, das sie noch lebte, noch bei ihm war, aber genauso wusste er, das diese Zeit bald vorbei war. Sehr bald. Thanatos wimmerte, weinte und vergass den Feind der so nahm war, konzentrierte sich nur auf den Feind, der still um die Hütte strich und lauerte. Nicht mehr lange, frohlockte die Stimme und der Luchs zitterte.
Sie konnte ihn hören, ihn rufen hören. Er rief nach ihr. Fast konnte sie ihn sehen, die Junge, schöne Gestalt, die verwuschelten schwarzen Haare und die grauen Augen, die alt und Jung zu gleich schienen. Vertrauensvoll streckte sie die Hand aus, wollte ihn berühren und sich mit reissen lassen. Jetzt. Sie spürte schon seine lähmende Kühle, die ihre dünnen Stränge nach ihr ausstreckten. "Es tut mir leid" Ihr Herz stockte. Ein Gedanke, alt, aber klar, wie Flusswasser. Wasser. Eine Hand, die sie ergriff und sie hoch trug. Sie rettete. Ein Name. Ko .. Kov - Kovu. Hass rolllte durch ihren Körper. Und etwas anderes. Er hatte sie gerettet. Warum wollte sie sterben? Sie war nicht allein. Sie hatte Thanatos. Vor sich sah sie den jungen Mann, in schwarz gekleidet, wie er seine Hand ausstreckte um sie zu berühren. Doch Fin zuckte zurück, als hätte sie sich verbrannt. Verbrannt an dem Höllenfeuer dem sie sich die ganze Zeit hingegeben hatte. Ihr Atem wurde schneller. Die Gestalt verzog wütend das Gesicht, versuchte sie zu fassen, doch die Jägerin wich zurück, weiter und weiter, Schritt für Schritt. Erzürnt heulte die Gestalt, begehrte auf, bevor sie mit einem wütendem Schrei zerstob sie, zersprang zu Nebel. Fin begann zu zittern, spürte wie der süßliche Dunst zeriss und den Blick auf den Abgrund vor ihren Füßen frei gab. Aber sie hatte keine Angst. Fin wusste jetzt, wusste wo sie hin gehörte. Sie schlug die braunen Augen auf und starrte unverwandt in die Gesichter. Das von Chuck, das von Naira, das von Thanatos und - das von Kovu.

Kovu stand noch immer neben Fins Bett. Eigentlich hatte er sich kein bisschen gerührt, seit er vom Stuhl aufgestanden war. Mit Ausnahme seiner Hände, die unverwandt das Tuch vom Topf Wasser zu Fins Stirn und wieder zurück befördert hatten. Und seiner Gedanken. 
Er wusste einen Moment nicht, was fühlen, als die Jägerin die Augen aufschlug. Und dann kam der Hass zurück, fast heftiger als zuvor. Chuck und Naira hielten ihn für einen brutalen Egoisten, hatten zugesehen wie er beinahe die Beherrschung verloren hatte und dazu kamen solche .. Befinden, ohne der Chance ihnen ausweichen zu können. Warum nochmal hatte er sie gerettet? Plötzlich verspürte er den Drang, Fin in ihrem jetzigen Zustand zurück in den Bach zu schmeissen. Wieso begann sie sogar ohne etwas zu tun wieder damit, sein Leben zu ruinieren? Wo er ihres doch gerettet hatte. 
Der Krieger schloss die Augen einmal mehr. Noch so etwas. Vor keinem Feind hatte er je Angst gehabt, aber bei ihr fühlte er sich hilflos unterlegen. Sie schien ihn irgendwie aus seinem eigenen Innern heraus zu bekämpfen. Nichts spiegelte sich mehr auf seinem Gesicht wider, als die Lider vor den rehbraunen Augen wieder zurückglitten und er frei den Blick der Jägerin erwiderte. Sie hatte ebenfalls braune Augen, fiel ihm dabei auf. "Man sollte sie dir ausstechen.", fuhr es ihm durch den Kopf, während sich gleichzeitig auf seinem Gesicht ein zaghaftes Lächeln ausbreitete. Ein echt aussehendes Lächeln. Auf sie musste es fast wie ein Friedensangebot wirken. "Nein, kein Frieden, ich hasse dich noch immer, aber solange wir Zuschauer haben muss ich den Bescheuerten mimen". Die Worte waren bloss in seinem Kopf und er traute sich nicht einmal sie durch seine Augen auszusprechen. Seherinnen konnten so einen Blick bestimmt leicht durchschauen.
Zögerlich, schüchtern wirkend, streckte er die Hand aus und griff abermals nach dem Tuch. Ausgewrungen legte er es sanft wieder auf ihre Stirn, wischte den Schweiss weg. "Willkommen unter den Lebenden", murmelte er leise.